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Präzisionsarbeit mit der Kettensäge
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Waldarbeitsmeisterschaft in Frankendorf Präzisionsarbeit mit der Kettensäge

Im Wald bei Frankendorf nördlich von Neuruppin sind am Freitag 40 Forstwirte aus ganz Deutschland beim Zielfällen gegeneinander angetreten. Es war der erste Teil der Berlin-Brandenburgischen Waldarbeitsmeisterschaft, die am Sonnabend in Paaren/Glien weitergeht. Das Zielfällen verlangt absolute Präzision.

Jan Middel weiß, dass jeder Millimeter zählt: Zielfällen ist absolute Präzisionsarbeit.

Quelle: Reyk Grunow

Frankendorf. Bei diesem Baum hat Jan Middel irgendwie kein gutes Gefühl. Die Kiefer scheint eher dünn, aber das ist für den jungen Waldarbeiter nicht das Problem. Allerdings steht der Baum so ungünstig zwischen anderen, dass er beim Fallen zwangsläufig benachbarte Baumkronen streifen wird. Da ist schwer vorherzusagen, welche Folgen das hat. Ein Risiko, das Jan Middel eigentlich gar nicht gebrauchen kann.

Der Baum, den der 22-Jähirge zu fällen hat, muss so präzise wie irgend möglich auf den Markierungspfosten treffen, den einer der Schiedsrichter in sicherer Entfernung in den Waldboden rammt. Monatelang hat sich Middel darauf vorbereitet. „Erst letzte Woche habe ich einen Baum gefällt, der hatte null Zentimeter Abweichung“, sagt er. Dafür gab es andere Probleme, die ihn beim Kräftemessen mit seinen Kollegen wichtige Punkte kosten könnten. Middel weiß jetzt, worauf er achten muss. Nur der Baum, der ihm zugeteilt wurde, passt nicht ganz.

Bei der Auswertung zählt jeder Millimeter. Abweichungen vom vorgeschrieben Maß am sogenannten Stock, dem Stubben, der stehe bleibt, kosten Punkte.

Quelle: Reyk Grunow

40 Forstwirte gehen diesmal bei der Berlin-Brandenburgischen Waldarbeitsmeisterschaft an den Start. Im Wettkampf müssen sich die Teilnehmer in mehreren Disziplinen messen. Zielfällen ist die aufwändigste. Ausgerichtet wird die Meisterschaft schon traditionell von der Waldarbeitsschule Kunsterspring, der einzigen Ausbildungsstätte für Forstwirte in Brandenburg. Aus ganz Deutschland kommen junge Leute nach Kunsterspring, um dort eine Lehre zu machen. „Wir hatten auch schon Bewerber aus Japan, aus Spanien oder Ungarn“, sagt Ausbildungsleiter Michael Schade.

Er koordiniert auch die Meisterschaften. Eine der Herausforderungen ist es, die passenden Bäume zu finden. Jeder Wettkampfteilnehmer soll möglichst gleiche Bedingungen haben.

So viele passende Bäume in einem Waldstück zu finden ist schwierig

Diesmal haben die Organisatoren sich für ein Waldstück bei Frankendorf entschieden, vor zwei Jahren fand dort schon einmal eine Meisterschaft statt. Trotzdem haben sich noch genügend Kiefern gefunden. „Aber das wird immer schwieriger“, sagt Schade.

Beim Zielfällen geht es um absolute Präzision mit der Kettensäge. Jeder Waldarbeiter muss einen Baum so zu Fall bringen, dass der Stamm möglichst exakt den Punkt am Boden trifft, den der Teilnehmer ausgesucht hat. Jeder Zentimeter Abweichung kostet einen Punkt. Entscheidend ist aber auch, was vom Baum übrig bleibt: der Stubben oder Stock. Auch für den gibt es jede Menge Vorgaben. Der Keil, den der Forstwirt beim Fällen aus dem Stamm sägt, muss einen bestimmten Winkel einhalten; der Schnitt muss genau parallel erfolgen; die sogenannte Bruchkante darf nicht zu hoch sein und nicht zu tief; das Band, das den kippenden Baum hält, muss exakt passen. Am Stock geht es um Millimeter.

Der Stamm muss möglichst präzise auf den Punkt fallen, denn der Wettkampfteilnehmer vorher selbst festgelegt hat. Ein großer Pfahl markiert das Ziel, zwei kleinere grenzen ihn ein

Quelle: Reyk Grunow

Aus vielen Bundesländern kommen die Teilnehmer des Wettkampfs in diesem Jahr: natürlich aus Brandenburg, aus Berlin, Hessen, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg ... Jan Middel startet für die Waldarbeitsschule Kunsterspring. „Ursprünglich komme ich aber aus Nordrhein-Westfalen“, sagt er. „Aus Bielefeld“. In Kunsterspring hat er eine Lehre gemacht – so gut, dass er mit 22 jetzt selbst als Ausbilder dort arbeitet. Er würde gern fest einsteigen und den Abschluss als Forstwirtschaftsmeister machen.

Mit seinem Ergebnis beim Zielfällen ist er am Freitag „ganz zufrieden“, was nicht unbedingt begeistert klingt. Jan Middels Kiefer landet knapp neben dem Ziel: 30 Punkte Abzug von der Maximalzahl 660. „Gut gemacht“, sagt Schiedsrichterin Birgit Huber aufmunternd. „Das wäre ein 660er Baum geworden.“ Wenn der Nachbarbaum ihn nicht mit einem Ast weggedrückt hätte.

Im Alltag haben die Arbeiter solche Probleme oft – im Wettkampf künftig nicht mehr. „Das sind die letzten Meisterschaften bei uns im Wald“, sagt Michael Schade. Ab 2017 findet das Kräftemessen komplett im Märkischen Ausstellungszentrum in Paaren im Glien statt, an eigens dafür ausgesuchten und vorbereiteten Stämmen. Dort bekommen die Forstwirte mehr Zuschauer – in Frankendort sind es am Freitag ganze drei. Der zweite Wettkampftag findet am Sonnabend ohnehin schon in Paaren statt. Ab 2017 auch das Zielfällen.

Von Reyk Grunow

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